/ Árbol de la vida

Menschen in Kuba

Ich war sicherlich nicht lange genug in Kuba, um ein adäquates Bild vom Leben der Menschen dort zu bekommen. Dennoch möchte ich über ein paar Begegnungen und Unterhaltungen berichten, die mir halfen, einen Eindruck vom abgeschirmten Leben im Kommunismus zu bekommen. Als ich in Centro Havanna vor einer hohen Statue in einem Park stand und versuchte in Bild zu machen, sprachen uns zwei Männer an.

Der eine hielt uns sein Handy hin und fragte, ob wir ein Bild von ihm und seinem Cousin vor der Statue machen könnten - was wir dann auch taten. Auffällig war, dass dieser Mann recht gutes Englisch sprach und gar nicht mehr aufhörte zu sprechen. Sein Cousin sprach jedoch kein Wort. Also unterhielten wir uns mit Maykel (wirklich so geschrieben). Er hielt während der gesamten Zeit eine ungerauchte Zigarre in der einen Hand und in der anderen ein 0,5L Tetrapak Rum, aus dem ein Strohhalm heraus ragte. Während Maykel sich mit uns unterhielt, nährte sich ein Polizist und frage die beiden Kubaner nach ihrem Ausweis. Ganz selbstverständlich reichten sie ihren Ausweis weiter, ohne unsere Unterhaltung zu unterbrechen und ließen dann einfließen, wie gut die Polizei in Kuba ist. Von uns wollte der Polizist nichts sehen. Maykel erklärte, dass es zu deren Sicherheit diene – wie und warum auch immer. Ich hatte eher das Gefühl, dass es unserer Sicherheit dienen sollte. Der Polizist blieb eine Weile stehen, während Maykel erklärte, dass es in Havanna kaum Kriminalität gäbe dank der guten Arbeit der Polizisten, die überall Streife liefen. Als er davon sprach, erwähnte er seine Dankbarkeit an die Regierung. Dabei sagte er "mein Präsident" nicht unser oder der... er betonte, dass es sein Präsident ist, was für mich zumindest auffällig war.

Später zog er wieder sein Smartphone aus der Tasche und erzählte, dass er ein fest angestellter Chauffeur eines Hotels in der Stadt sei und deswegen so gut Englisch sprechen könne. Ganz stolz zeigte er uns auf seinem Handy Bilder von sich mit seinem Sohn an der Hand und machte uns mehrfach darauf aufmerksam, dass er eine Uniform trug – sogar mit einer Krawatte.

Dann erzählte er weiter, dass er mit seinem Cousin auf die Besuchszeiten des Krankenhauses hinter uns warte, um seine Tante zu besuchen. Das Gebäude, das in seinen Augen so aussah wie ein Hotel, war eines der besten Krankenhäuser Kubas. Besonders stolz war er auf das Krankenhaus sowie darauf, dort jemanden besuchen zu dürfen. Er fügte hinzu, dass die Behandlung für Kubaner selbstverständlich kostenlos ist – wir aber bezahlen müssten. Viel wollte er von uns nicht wissen, obwohl wir erwartet hätten, dass er die Möglichkeit etwas über die unbekannte Welt, die er nicht bereisen darf, nutzen würden. Als wir ihm sagten, dass wir aus Deutschland kommen, berichtete er strahlend, dass er Fan von Manuel Neuer und Bastian Schweinsteiger sei und erinnerte sich, wer bei der EM gegen Italien welchen Elfmeter geschossen hat.  Sein Cousin war so lieb, in dieser uns in dieser Zeit Erdnüsse in Papierrollen zu besorgen – deren Snacks für zwischendurch, die am Straßenrand verkauft werden.

Maykel zählte uns währenddessen Orte auf, an denen wir für 1,50-3 CUC pro Person warm essen könnten und versicherte und, dass in Habana Vieja durch den Tourismus die Preise unverschämt hoch seien. Als wir aber die vorgeschlagenen Imbissbuden sahen, waren wir mehr als gerne bereit den Tourismusaufschlag in der Altstadt zu bezahlen. Wir aßen spätere in der Calle Obispo für ca. 7CUC pro Person und tranken einen leckeren Mojito für 4 CUC dazu.

Dort beobachtete wir übrigens ein Szenario, das uns in Europa mittlerweile fremd ist.

Zurück zu Maykel und seinem Cousin. Er wollte nun wissen, ob wir bereits Souvenirs gekauft haben und was wir planen zu kaufen. Im gleichen Atemzug empfahl er uns eine bestimmte Marke Zigarren und Rum und bot uns direkt an, es mit uns zu besorgen. Als er uns dann zum Zigarrenkauf in ein nahezu zerfallenes Haus in einer Nebengasse führen wollte, verabschiedeten wir uns eindringlich. Er gab uns aber auf den Weg den Cocktail namens Negron zu probieren - sei der Lieblingsdrink Fidels gewesen.

Am nächsten Tag, spazierten wir durch Centro Habana zur Universität. Absolut schönes Gebäude.

 

Dort sprachen uns zwei Studenten an, ob wir neu in Havanna sind bzw. ob wir Touristen sind. Sie begleiteten uns bis zum Innencampus der Universität und zeigten uns die heutige Mathematische Fakultät, vor dessen Gebäude der Baum des Lebens in die Höhe ragte. Sie erzählten, dass Fidel Castro damals zwar im Gebäude gegenüber studierte aber auf dem Balkon vor diesem Baum die Revolution ausgerufen habe und zu seinen Kommilitonen gesprochen habe. Weiter erzählten sie, dass während des Revolutionskrieges die medizinische Versorgung der Verletzten im unteren Geschoss des Gebäudes stattfand. Es wurde als Lazarett genutzt. Entsprechend warteten die Verletzten bis vor der Tür im Hof und Erzählungen nach verbluteten dort einige verletzte, sodass deren Blut in die Erde bis zu den Wurzeln des Baumes floss. Sie nennen den Baum Árbol de la vida und sprechen ihm besondere Bedeutung zu - die wir bisher auf keine verlässliche Quelle zurückführen konnten. Aber in diesem Beitrag geht es ja mehr um die Menschen in Kuba und deren Verständnis der Welt.

Einer von ihnen verabredete sich schnell in seine Vorlesung, kamen aber nach ein paar Minuten wieder und sagte, sie sei ausgefallen. Der andere habe erst nachmittags Kurse. Also blieben sie bei uns und erzählten ununterbrochen über Fidel, Che und die Revolution. Die Unterhaltung war überwiegend auf Spanisch, aber sie sprachen langsam genug um mühelos mitzukommen. Sie studierten Geschichte und Physiotherapie. Das Studium sei besonders schwer ohne Internet und sie seien umso mehr auf teure Bücher angewiesen. Daher lägen sie als Gruppe zusammen um sich ein Buch zu teilen. Mich überraschte allerdings das Angebot eines Informatikstudiums ohne Internet sowie Austauschstudenten aus aller Welt. Übertroffen wurde diese Überraschung, als mich die Studenten verblüfft anschauten, als ich Ihnen meinen abgeschlossenes Studium (Business Administration) nannte - kannten sie nicht; gab es nicht. Wie denn auch ohne freie Marktwirtschaft?! Das muss man sich einmal klar machen! Wir sahen uns etwas die Universität an, als die beiden uns plötzlich fragten, ob wir schon einen Negron brobiert haben und uns  zu der Bar führten, in der angeblich Fidel mit Raul und Che auf die Revolution mit seinem Lieblingsdrink Negron anstoßte.

Wir setzten uns an den Tisch, an dem angeblich auch Che Guevara, Fidel und Raul Castro saßen. Davon hingen auch Gemälde in der Bar - zumindest identifizierten die Beiden sie als solche.

Der Negron schmeckt ausgezeichnet! Hier übrigens das Rezept:
Negron
5 cl weißer kubanischer Rum
2 cl Limettensaft
2 – 3 BL Honig
3 – 4 Zweige Thai-Basilikum
4 cl Soda

Die beiden erzählten, dass das Gebäude, in der die Bar war, früher im oberen Geschoss Fidel beherbergte und noch heute als Studentenwohnheim für die 30 besten Studenten der Universität in Havanna dient. Auch dazu haben wir weder am Gebäude noch im nachhinein Hinweise gefunden.

Auch der Informationsfluss im Gespräch mit den Beiden verlief sehr einseitig. Sie erzählten uns, wie stolz sie auf Che, Fidel und Raul und ihre Revolution sind, zum Beispiel weil es den Dunkelhäutigen erst danach erlaubt war, zu studieren. Auch die beiden erwähnten, für uns zusammenhangslos, wie gut die Polizei in Kuba ist und für die Sicherheit sorgt. Wir wunderten uns, fragten aber nicht nach. Ich fragte irgendwann, unter welchen Umständen sie das Land verlassen dürfen. Sie schluckten schwer und zählten auf: 1) wenn Sie einen Ausländer heiraten; 2) um das Land zu repräsentieren; 3) wenn sie von Familienmitgliedern aus dem Ausland eingeladen werden. Sie fanden diesen Zustand schrecklich und wollten, dass es sich ändert. Nichtsdestotrotz sprachen sie nicht länger darüber. Sie schienen sich auch nicht wirklich dafür zu interessieren, wie es bei uns ist. Auch die beiden boten uns an, Rum und Zigarren als Souvenire zu besorgen - wiederkehrende Muster.

Schon durch zwei Begegnungen bemerkten wir, dass Kubaner gut über die Polizei sprechen, versuchen, Touristen mit Souvenirs zu versorgen und nicht nach dem Leben im Ausland fragen. Sie scheinen mit ihrem Leben zufrieden zu sein. Das ist schön!